POP
M orrissey
WORLD PEACE IS NONE
OF YOUR BUSINESS
Harvest/Universal CD
(auch
als LP erhältlich) (56
)
Ein Leisetreter wird Morrissey si-
cher nie. Schon in der Smiths-Früh-
zeit hat er als „angry young man“
mit umstrittenen Thesen provoziert,
und auch heute noch, mit
55
Jah-
ren, nimmt er in den bitterbösen
Texten seines zehnten Solowerks
kein Blatt vor den Mund. Zum
vielfältigen Alternative Rock, den
Joe Chiccarelli klanglich viel zu
spitz produziert hat, bekundet
der Chefzyniker da in deutlichen
Worten seine Ablehnung unserer
Wahldemokratie (im Titelstück),
hinterfragt Männlichkeitsideale
(„I’m
Not A Man“) und kämpft für
Tierrechte („The Bullfighter Dies“).
Moz als „angry old man“.
hake
Sarah Jane M orris
BLOODY RAIN
Weatherbox/A
live CD
(72)
MUSIK ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Sie ist davon überzeugt, dass Lie-
der die Macht haben, Menschen zu
ändern, von dem Glauben lässt sich
Sarah Jane Morris auch auf dem fes-
selnden neuen Album nicht abbrin-
gen. Im Mittelpunkt ihres politisch
links angesiedelten Engagements
steht diesmal Afrika mit seinen
vielen Problemen. Zum packenden
handgemachten Sound von Pee
Wee Ellis (James Brown), Avishai
Cohen, Dominic Miller (Sting) und
Musikern vom „Schwarzen Konti-
nent“ singt die Engländerin aufge-
wühlt von Tyrannen, Kindersoldaten
und Ehrenmorden. Aufgrund der
unverstellten Emotionalität ihrer
Soulstimme nimmt man der Sän-
gerin jedes Wort ab.
hake
MUSIK
KLANG
★ ★ ★
Chuck Prophet
NIGHT SURFER
YepRoc/Cargo CD
(47’)
Nomen est omen: Bei diesem Al-
bum ist Chuck Prophet mit etlichen
der bemerkenswertesten Songs in
die Rolle des Propheten geschlüpft.
Was er sah, inspirierte ihn aller-
dings nicht zu optimistischen
Aussagen, wenngleich das nicht
sein „What’s Going On“ geworden
ist - denn düster wie von Marvin
Gaye ist seine Vision nicht. Un-
sentimental beschwört etwa „Ford
Econoline“ Erinnerungen an die
großen Jahre der Talking Heads und
„Felony Glamour“ an eigene frühe
mit der Band Green On Red. Das
klassische Gitarren-Riff von „Love
Is The Only“ über alle „american
dreamers“ borgte er sich bei Muddy
Waters.
F
. Sch.
MUSIK ★ ★ ★ 1 ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^
KLANG ★ ★ ★ ★
Robin Thicke
PAULA
Interscope/Universal CD
(51’)
Balladen, Blues und Boogie. Nach
dem Megahit „Blurred Lines“ ist
der siebte Longplayer von Robin
Thicke
eine
sehr
persönliche
Widmung an seine Ex-Frau Paula
Patton. Nachdem sich der latines-
ke Opener „You’re My Fantasy“
trotz Ideenarmut maßlos in die
Länge zieht, läuft der
37
-jährige
Sunnyboy aus L. A., der bereits für
Michael Jackson, Pink und Christina
Aguilera komponierte, erst in dem
beschwingten „Black Tar Cloud“ zu
voller Form auf. Hätte Thicke die CD
zu Hause gepresst und mit einer
Schleife seiner Angebeteten über-
reicht, der Welt wäre wahrlich kein
wichtiges Werk verloren gegangen.
wz
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
R obert Plant
LULLABY AND.
..
THE CEASELESS ROAR
Nonesuch/Wamer CD
(auch
als LP erhältlich) (49')
In letzter Zeit befeuerte der Sän-
ger eher mit dem Zwist mit seinem
Led-Zeppelin-Kollegen Jimmy Pa-
ge die Presse. Jetzt konzentriert
er sich wieder auf die Musik. Mit
seiner Band The Sensational Spa-
ce Shifters setzt der Brite auf eine
Mischung aus Folk, Trance und Led
Zeppelin. Das traditionelle Volks-
lied „Little Magie“ wird mit einem
genreübergreifenden Sound ver-
tont. Melancholischer Höhepunkt
ist die Pianoballade „A Stolen
Kiss“. „Somebody There“ bringt
Gitarre und Banjo zusammen, bei
„Turn It Up“ wetteifern die Drums
mit der E-Gitarre. Ein solides Al-
bum, das allerdings nichts wirklich
Neues offenbart.
dl
MUSIK ★ ★ ★
KLANG
LAG NUR ALS MP
3
VOR
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
Diverse M usiker
BECK SONG READER
Capitol CD
(66')
Es gab ein Album, für das Jay Farrar,
Will Johnson & Co. unter dem Namen
New Multitudes unveröffentlichte
Lyrics und Texte von Woody Guthrie
vertonten; und eines, wo Bands/
Künstler wie Old Crow Medicine
Show und T Bone Burnett zusammen
mit den Secret Sisters Dylan-Demos
zu Ende komponierten. Aber das
von Beck
2004
gestartete „Song
Reader“-Projekt war dennoch eines
der ausgefallensten.
2012
lagen die
knapp zwei Dutzend Songs endlich
als Notentexte in Form eines luxuriö-
sen Buchs vor. Zahllose Amateure
und musikalisch talentierte Redak-
teure vom „New Yorker“-Magazin
bis zum Londoner „Independent“
nahmen die Kompositionen mutig
auf. Für konzertante Aufführungen
der „sheet music“ lud Beck neben
prominenten Gästen Ende
2013
gar
das komplette Los Angeles Philhar-
monic Orchestra ein!
Die jetzt für CD unter seiner Auf-
sicht von Randall Poster (letzthin
musical supervisor für „The Grand
Budapest Hotel“ und Scorseses
„The Wolf Of Wall Street“) produ-
zierten
20
Aufnahmen professionel-
ler Kollegen sind ein - sagen wir
mal - gemischtes Vergnügen. Becks
einzige für das Projekt eingespielte
Aufnahme von „Heaven’s Ladder“ ist
eine Hommage an die Beatles in ihrer
psychedelischen Hochblüte
1967/68
und nicht zuletzt den John Lennon
von „I Am The Walrus“. Jason Isbell
musiziert „Now That Your Dollar Bills
Have Sprouted Wings“ als ziemlich
apokalyptischen Bluesrock, während
Jack White „I’m
Down“ vom biswei-
len als selbstmitleidig gescholtenen
Beck nicht ohne eine gewisse Prise
Ironie als Country-Heuler deutet.
Juanes, Jarvis Cocker, Tweedy und
Loudon Wainwright bieten jederzeit
gelungene Interpretationen.
Auf http://songreader.net findet
man noch etliche andere Interpreta-
tionen, die man eher hätte aufneh-
men sollen als den Beitrag von Norah
Jones.
F
. Sch.
MUSIK
KLANG
STEREO 10/2014 135
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